Die europäische Berichterstattung zu Migration im Maghreb weist viele blinde Flecken auf. So bleibt oft unerwähnt, dass Migration für Algerien, Marokko und Tunesien kein neuartiges Phänomen ist,... Show moreDie europäische Berichterstattung zu Migration im Maghreb weist viele blinde Flecken auf. So bleibt oft unerwähnt, dass Migration für Algerien, Marokko und Tunesien kein neuartiges Phänomen ist, sondern sich in Jahrhunderte der Mobilität im Sahara- und Mittelmeerraum einfügt. Auch betrachtet sie die Länder meist als einheitlichen Block und übersieht die Unterschiede zwischen ihnen. Schließlich blendet sie die Perspektive der Maghreb-Staaten und ihre innen- wie außenpolitischen Interessen weitgehend aus. Die Maghreb-Staaten sind nicht nur Herkunfts-, sondern auch Transit- und Zielländer von Migrant_innen. Frankreich ist historisch das wichtigste Zielland, doch in den letzten Jahrzehnten wurden besonders Italien und Spanien zu bevorzugten Destinationen. Deutschland folgt in einigem Abstand. Als Folge zunehmender europäischer Restriktionen wurde die zirkuläre Migration der Ära der Gastarbeiter_innen durch zunehmend irreguläre Migration ersetzt. Gleichzeitig sind die Maghreb-Staaten heute als Einwanderungs- und Transitländer für Migrant_innen und Geflüchtete aus Afrika, Asien und Europa mit Fragen von Integration und Diversität konfrontiert, wie wir sie aus Europa kennen. All diese Entwicklungen finden nicht losgelöst von der Politik statt. Im Wechselspiel von Migrationsdynamiken und Migrationspolitik spielen die Maghreb-Staaten ebenso eine Rolle wie Europa oder andere afrikanische Staaten. Aktuelle Debatten, in denen Migration auf ein »Problem« reduziert wird, das es zu »lösen« gilt, sind nicht zielführend, da Migration ein struktureller Bestandteil von sozialen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen sowohl in Herkunfts- als auch in Zielländern ist. Show less